32. Seminar zur österreichischen Gegenwartsliteratur in Japan
オーストリア現代文学ゼミナール
28. Oktober 2023
Sophia Universität, Tokio
Mit Milena Michiko Flašar
Die Medienproblematik im Roman Der Kameramörder

Die Spannung dieses Krimis wird nicht durch den Mord selbst erzeugt, sondern dadurch, dass der Mord vom Täter mit einem Videogerät aufgenommen und dann im Fernsehen übertragen wird. Dabei wird einerseits die unmoralische Art der Fernsehberichterstattung, andererseits die unersättliche Begierde der Zuschauer nach außergewöhnlichen, extremen Ereignisse thematisiert. Am Ende des Romans, als der Täter aufgedeckt wird, erfährt der Leser jedoch eine im Vergleich zur Grausamkeit der heutigen Medien noch größere und unheimlichere Erschütterung.
Im vorliegenden Referat wird versucht, herauszuarbeiten, auf welche Weise die gefährliche Macht heutiger Medien in diesem Werk dargestellt wird. Danach wird die Medienkritik, wie sie aus dem Roman Der Kameramörder zu entnehmen ist, mit der Kritik verglichen, die Heinrich Böll in seinem Roman Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1974) übt, um auf die fragwürdige Stellung und Rolle des Medienwesens in der Gesellschaft aufmerksam zu machen.

1. Vorbemerkung

Die Spannung dieses Textes wird nicht durch das Mordereignis selbst erzeugt, sondern dadurch, dass die Mordszene vom Täter mit einem Videogerät aufgenommen und dann im Fernsehen übertragen wird. Dabei wird einerseits die unmoralische Art und Weise der Berichterstattung des Fernsehens, andererseits die unersättliche Begierde und Neugier des Zuschauerpublikums nach außergewöhnlichen, extremen Ereignissen thematisiert. Am Ende des Romans, als der Täter entlarvt wird, erfährt der Leser jedoch eine noch größere und unheimlichere Erschütterung.
Im vorliegenden Referat wird zunächst versucht, herauszuarbeiten, auf welche Weise die gefährliche Macht der heutigen Medien in diesem Werk dargestellt wird. Dann wird die Medienkritik, wie sie dem Roman Der Kameramörder zu entnehmen ist, mit der Kritik, die Heinrich Böll in seinem Roman Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1974) übt, verglichen, um auf die suspekte Stellung und Rolle des heutigen Medienwesens aufmerksam zu machen.

2. Handlung

Im Roman Der Kameramörder berichtet der Ich-Erzähler sachlich, gefühllos und ausführlich bis in kleine Einzelheiten über seine Osterferien von Donnerstag bis Sonntag. Sein Protokoll, das ohne Absatz und ohne Kapiteleinteilung zu Ende geführt wird, handelt von einem Aufenthalt mit seiner „Lebensgefährtin“ Sonja in einer winzigen Stadt in Weststeiermark, wo das mit ihnen befreundete Ehepaar, Heinrich und Eva Stubenrauch, wohnt. Die beiden Paare essen zusammen eine Osterjause und unternehmen verschiedene Vergnügungen wie Spazierengehen, Federball, Tischtennis, und Karten spielen. Der Leser erfährt dabei von dem Inhalt des jeweiligen Essens, von den Punkten beim Wettspiel, sogar von der Toilettenpause und der Zahl der Wespen über dem Esstisch.
Die Ferienzeit der beiden Paare wird jedoch bald gänzlich von den Medien vereinnahmt, die über einen seltsamen Mord in einem nahe gelegenen Ort berichten. Ein Mann hat dort zwei Kinder dazu gezwungen, von einem Baum in den Tod zu springen. Außerdem hat er den Mord mit einer Videokamera aufgenommen. Der Film wurde auf einem Parkplatz gefunden. Die Aufnahmen wurden dann in einem deutschen Privatsender übertragen. Der nahe gelegene Tatort, die Grausamkeit des Mordes und die aufregende Berichterstattung der Medien, all dieses evoziert in den Protagonisten Neugier und Angst, und gerade deswegen können sie auf das Fernsehen nicht verzichten. Die Fahnder der Polizei nähern sich der Gegend, in der sich die beiden Paare befinden, bis schließlich auf dem Fernsehbildschirm mit den „live“ übertragenden Luftbildern ihre Wohnung und die davor stehenden vier Protagonisten selbst erscheinen. Der Ich-Erzähler richtet seinen Blick abwechselnd auf die reale Welt, in der sich mehrere Polizisten nach vorne zu ihnen drängen, und auf den dies übertragenden Bildschirm. Am Ende kommt ein Polizist zum Ich-Erzähler und verhaftet ihn wegen des Mordes an den beiden Kindern. Er schließt sein Protokoll mit dem Satz „Ich leugne nicht“ (157) ab.

3. Der als phänomenales Ereignis verkaufte Mord

3.1 Opfer des Mordes, Opfer der Massenmedien

Im Roman wird dargestellt, wie die Medien mit Schlagzeilen, Fotos, Musik und den verschiedensten technischen Errungenschaften ein Mordereignis zur einmaligen Sensation aufmachen. Im Teletext wird nacheinander unter den Schlagzeilen „Groß angelegte Fahndung“ (8), „Videokamera gefunden“ (15), „Kind sagt aus“ (15) oder „Das Verbrechen geht um die Welt“ (17) usw. über den Mord berichtet. Am nächsten Tag wird im Fernsehen eine Sondersendung aus dem Heimatort der Opfer übertragen. Die planmäßige Sendung beginnt „mit noch dramatischerer Hintergrundmusik als sonst“. (36) Abgesehen von Wetter und Sport dominiert das Programm über den Mord. Trotz heftigen Protests zeigt ein Privatsender die Aufnahme des Mordes. Trotz des Ostersonntags bringt eine Zeitung eine Extraausgabe mit der Schlagzeile „Kamerateufel“. (89)
Diese Berichterstattung betont die Einmaligkeit des Ereignisses, durch die die Zuschauer und die Leser angezogen werden sollen. Dabei wird die Psyche der Opfer außer acht gelassen und deren Intimsphäre verletzt. Zum Beispiel werden die Bilder vom Mord vom Sender geschnitten und redigiert, damit nur „die entscheidenden Szenen“ (59) ausgestrahlt werden. Außerdem wird gerade in dem Augenblick, in dem z. B. ein Kind gerade vom Baum springt, Werbung eingeschoben. Das Mordvideo dient dabei als Unterhaltung wie ein Krimi oder Drama. Der Gesichtsausdruck der sich fürchtenden Kinder und ihr entsetzliches Geschrei erhöhen effektiv die Spannung. In der Zeitung erscheint auch ein Foto der Mutter der Kinder, die sich in einer psychiatrischen Anstalt aufhält. Das Foto wurde vom einem Fotografen, der sich als Pfleger verkleidet hatte, ohne Erlaubnis aufgenommen. Auf diese Weise wird das Unglück der Opfer im Kampf um die Zuschauerquoten durch die Medien ausgebeutet.

3.2 Anonyme Zuschauer vor dem Fernseher

Die Zuschauer, die mehrheitlich durch Anonymität gekennzeichnet sind, werden dagegen vor der Gewalt geschützt. Im Roman wird dargestellt, wie der Privatsender bei der Ausstrahlung des grausamen Videos die Telefonnummern von psychologischen Beratungsstellen mit dem Vermerk „günstige Telefongebühren“ einblendet, damit sich die Zuschauer wegen der schockierenden Bilder dorthin wenden können. (57, 79) Wenn dies auch nur zur Rechtfertigung der unmoralischen Berichterstattungsweise dient, drückt es doch wenigstens die Absicht der Medien aus, die Zuschauer und die Leser schonen zu wollen, während sie das Unglück der Mordopfer ausbeuten.
Die Lebensgefährtin des Ich-Erzählers Sonja hat große Angst, als sie erfährt, dass sich der Täter unweit von ihrem Aufenthaltsort befindet. Sie fürchtet sich jedoch nicht davor, ermordet zu werden, sondern vielmehr davor, mit der Kamera aufgenommen zu werden, wenn sie sagt, „wie leicht der Mörder, sollte er draußen stecken, sich seiner bemächtigen und evtl. mit Filmaufnahmen beginnen könnte.“ (51) Diese Aussage spiegelt das potenzielle Unbehagen in der heutigen Mediengesellschaft wider, ohne Einverständnis Objekt der Kamera zu werden. Es könnten solche Fotos oder Filme entweder in den öffentlichen Medien oder durch dunkle Kanäle als Unterhaltung angeboten werden. Die Opfer werden als Ware verkauft und konsumiert, so dass sie plötzlich den neugierigen Augen anonymer Menschen schutzlos ausgesetzt werden.

3.3 Ohnmächtige Medienkritik

Die Zuschauer sind sich zwar der grausamen Art und Weise der Berichterstattung und der dahinter stehenden kapitalistischen Ideologie bewusst, auf der Seite des Mordvideosenders wird jedoch die Berufsethik des Journalismus betont. Einer der Protagonisten, Heinrich, sieht voraus, dass das Mordvideo aufgrund der Prinzipien der Geschäftswelt ausgestrahlt wird. (15) Auf einem Protestspruchband gegen den Sender, findet der Verdacht Ausdruck, dass der Mord möglicherweise vom Sender inszeniert und die Aufnahme im Voraus bezahlt wurde. (58) Dies beweist, dass die Zuschauer doch die Fähigkeit besitzen, sich kritisch von den vermittelten Informationen zu distanzieren.
Angesichts der Sensation, die die Medien hervorrufen, ist die Medienkritik allerdings vergebens. Die Demonstrationen werden auch live übertragen. (30) Diese Nachricht macht die Zuschauer aber auf das Mordvideo eher noch neugieriger. Bezüglich seiner Neugier auf das Mordvideo gesteht Heinrich, dass „er nicht anders könne, und dass er es sich ansehen müsse“. (26) Die Protagonisten bereiten sogar für die Zeit vor dem Fernseher verschiedene Snacks wie Chips, Erdnüsse oder Eiscreme vor. Bis zum Beginn der Sendung erledigt jeder im Voraus seine Arbeiten. (54) Sie genießen somit das Video wie eines der Freizeitvergnügen. Also beteiligen sich auch die Zuschauer an der Ausbeutung des Unglücks der Opfer.

4. Mord als inszenierte Veranstaltung für die Medien
4.1 Mord als „Medien-Event“

Am Ende des Romans erfährt der Leser, dass der Mord kein wirkliches Geschehen, sondern eine Art „Medien-Event“ war. Bis zum Ende des Romans erzählt der Ich-Erzähler nur von der Art und Weise der Berichterstattung der Medien, obwohl er selbst der Täter ist, der die ganze Wahrheit weiß. Daraus ist zu folgern, dass für den Ich-Erzähler selbst wichtiger ist, wie über seine Tat berichtet wird, als der Bericht über die Mordtat an selbst.
Die „Medien-Events“ zielen meistens auf Meinungsbildung ab, wie bei einem Wahlkampf, Propaganda oder einer sozialen Kampagne auch. Die Fernsehbilder, die Slogans und die gefilterten Informationen lassen unter den Zuschauern eine bestimmte soziale Realität (z. B. die positive Einstellung zum Krieg, die Vertrauenswürdigkeit einer politischen Partei u.a.m.) entstehen und versuchen die Zuschauer zu einer beabsichtigten Aktion (z. B. zur Unterstützung von Krieg oder einer Partei) zu führen. (Ikeda 1998: 98) In diesem Roman handelt es sich jedoch nicht um ein soziales oder politisches Ziel, sondern um das Bedürfnis des Ich-Erzählers nach Sensation. Es überrascht den Leser, dass der grausame Mord bloß ein Mittel zur Erfüllung seines Bedürfnisses war.

4.2 Täter als Regisseur

Nach der Entlarvung des Täters merkt der Leser im Rückblick, dass der Täter, nämlich der Ich-Erzähler, die Rolle des Regisseurs spielte, der mit dem Aufsehen der Öffentlichkeit rechnete. Seine Aufnahmen werden so inszeniert, dass sie der Neugier der Zuschauer entgegenkommen. Auf die grausamen Szenen, z. B. den Gesichtsausdruck des schreienden Kindes auf der Baumkrone oder die Leiche des Kindes, wird die Kamera fixiert, um diese in einer Großaufnahme zu zeigen. (63, 66) Wie ein richtiger Filmregisseur gibt der Täter den weinenden Kindern die Anweisung, in die Kamera zu schauen und sich deutlich zu artikulieren. (74, 75) Ab und zu fragt er die Kinder, wie sie sich fühlen. (64, 73, 76) Bevor die Kinder vom Baum springen, zählt er fünf Sekunden. (65, 66, 79)
Dann beschreibt der Erzähler, wie der Sender, der das Video ausstrahlt, seinen Film behandelt. Er kommentiert, „welche Szenen nicht der Ausstrahlung für würdig befunden worden waren,“ (59) oder welche vom Sender zensiert worden waren. Wenn der Sender gerade vor der 0 bei der Zählung die Werbung einschiebt, sagt er: „…stellten wir fest, dass uns eine Werbeunterbrechung beschert wurde.“ (66) Darin ist seine Befriedigung zu beobachten. Auch in Bezug auf die Reaktion der Umgebung, wie sich etwa Eva vor Abscheu gegen die Bilder erhebt und in die Küche geht (65) und wie Heinrich seine Neugier auf das Video äußert (73). Als Heinrich den Fernseher abschalten will, versucht der Ich-Erzähler ihn sogar mit dem Hinweis auf die nächste Szenen daran zu hindern. (80) Daran erkennt man den Regisseur, der sich um die Wirkung seines Produkts und die Einschätzung durch das Publikum kümmert.

4.3 Einfluss des Mordberichtes auf die Gesellschaft

Die Tatsache, dass sich dieses monologische Protokoll des Ich-Erzählers hauptsächlich damit beschäftigt, in wieweit der Mord die Gesellschaft schockiert, zeigt deutlich, wie der Ich-Erzähler mit dem Aufruhr der ganzen Gesellschaft zufrieden ist.
An der Sensation beteiligen sich alle Seiten der Gesellschaft. In den Medien erscheinen Wissenschaftler wie Psychologen oder Theologen, der Wiener Erzbischof, Johannes Paul II, der Bundeskanzler und der Sprecher der Polizei, um sich wegen des Mords und der Ausstrahlung des Mordvideos zu Wort zu melden. Auch die politischen Parteien machen ihre jeweilige Meinung über das unerhörte Verbrechen öffentlich bekannt. Trotz ihrer klischeehaften Äußerungen und ihrer strategischen Mediennutzung, an denen von den Zuschauern Kritik geübt wird, (vgl. 23, 30, 33) verbreitet sich die Wirkung des Medienberichts augenblicklich in der Öffentlichkeit und ruft bei den Menschen die verschiedensten Gefühle hervor; Ärger, Schimpfen, außergewöhnliche Panik oder Rachgier gegen den Täter und Zustimmung zur Wiedereinführung der Todesstrafe.
All diese Reaktionen auf den Mord und der soziale Aufruhr werden durch die vermittelten Informationen der Medien hervorgerufen. Es ist hier festzustellen, dass die Zuschauer unter der sozial konstruierten Realität durch die Medien stark beeinflusst werden, und dass der Täter von dieser Tatsache Gebrauch macht.

5. Realität in der Mediengesellschaft
5.1 Unbestimmte Figur des Ich-Erzählers

In diesem Text wird zwar letzten Endes klar, wer der Täter ist. Aber es bleibt für den Leser nach wie vor die Frage offen, welche Figur der Ich-Erzähler eigentlich darstellt. Abgesehen davon, dass er mit seiner „Lebensgefährtin“ in Oberösterreich lebt, weiß der Leser wenig von ihm. Im Verlauf der Handlung verrät der Erzähler kaum etwas über sich selbst und über den Täter. Auf Grund der fragmentarischen Informationen wird im Leser eine vage Vorstellung vom Ich-Erzähler gebildet. Man stellt sich einen jüngeren Österreicher vor. Diese Ich-Figur steht im schroffen Gegensatz zu dem erschreckenden Bild des Täters, der mit stark negativ konnotierten Wörtern wie „Teufel“, „Psychopathe“ oder „Schwein“ bezeichnet wird.

5.2 Realität des Ich-Erzählers

Die Vagheit des Bildes des Ich-Erzählers scheint genau dem vagen Gefühl der Realität und der Identität, das der Ich-Erzähler von sich selbst hat, zu entsprechen. Es ist zu bemerken, dass der Ich-Erzähler außerdem Lust hat, im Fernsehen aufzutreten. Angesichts der sich nähernden Verhaftung wechselt er seinen Blick hin und her, um festzustellen, wie seine Verhaftung im Fernsehen erscheint. Hier kann man beobachten, dass für den Ich-Erzähler die virtuelle Realität im Fernsehen von großer Bedeutung ist, so dass er die wirkliche Realität nicht wahrnehmen kann. Daraus ergibt sich die Frage, welche Realität er realer fühlt, die virtuelle oder die wirkliche.
Der Ich-Erzähler will seine Mordtat nur durch die Kameralinse bestätigen. Die Welt außerhalb der Linse hat für ihn keinen Sinn. Dies suggeriert, dass er die wirklich-reale Welt, sein eigenes Leben und sein eigenes Ich nicht sinnvoll finden kann, ohne dass sie mit der Kamera zum besonderen „Event“ gemacht werden. (Siehe Anm.2) Darum versucht er, seine Existenz zu erkennen, indem er selbst das Objekt der Kamera wird. Nach der Verhaftung des Täters, des Ich-Erzählers, werden die Medien ausführlich über ihn berichten. Dabei wird das „Bild“ des Täters willkürlich nach der Art und Weise der Berichterstattung der Medien deformiert, um die Wahnsinnigkeit des Ereignisses zu inszenieren. Der Ich-Erzähler wird dabei die feste Identität eines grausamen Kameramörders gewinnen, die bis dahin nur der Täter innerhalb des Fernsehens genossen hat. Indem er im Fernsehen erscheint, will er seinem Leben Realitätssinn geben. Parallel zum Prozess der Wunscherfüllung des Ich-Erzählers geschieht es, dass sich die vage Figur des Ich-Erzählers in die unerhörte Hauptfigur des Mörders verwandelt.

5.3 Entfremdete Wirklichkeit

Die Tat des Ich-Erzählers konfrontiert uns nun mit der Frage, was eigentlich die wirkliche Realität in der heutigen Gesellschaft ist. Im Bezug auf die Gefahr des Kollektivgedankens wird oft darauf hingewiesen, dass blindes Vertrauen in die sozial konstruierte virtuelle Realität, durch die wirkliche Realität „vergolten“ wird. Dabei geht es um die sogenannte Kluft zwischen der virtuellen und wirklichen Realität. Kann diese Betrachtungsweise gleichermassen auch für die Kluft zwischen den beiden Figuren, dem Kameramörder im Fernsehen und dem Ich-Erzähler außerhalb des Fernsehens vor seiner Verhaftung gelten ?
Für die anderen Protagonisten gibt es vor der Verhaftung des Täters einen scharfen Unterschied zwischen der virtuellen und der wirklichen Realität. Die Verschmelzung der beiden Realitäten in eine einzige Wirklichkeit am Ende des Romans versetzt sie in großen Schrecken. Es fällt den Freunden und der Lebensgefährtin des Ich-Erzählers nicht ein, dass der Mann, der mit ihnen zusammen fernsieht, mit dem Täter im Fernsehen identisch sein könnte. Ihre Neugier, Abneigung und Furcht sind gegen den ungewöhnlichen Mörder im Fernsehen gerichtet, nicht aber gegen ihren Freund oder den Partner in der Nähe. Die Entlarvung des Täters verlangt von seinen nahen Bekannten, ihr bis dahin herrschendes Bild des Täters (Ich-Erzählers) zu korrigieren. Sie geraten allerdings in die Krise, dass sie die „wirkliche“ Figur des Ich-Erzählers nicht mehr finden können, wenn der Ich-Erzähler in seinem Protokoll nur von der sozial konstruierten Realität spricht. Eine Aufklärung über die Ich-Figur erhalten aber sowohl die Protagonisten in der erzählten Welt als auch der Leser nicht wirklich. Man wird mit von der Begierde des Ich-Erzählers gefangen, ihn nur durch die Kameralinse zu erkennen. Dabei handelt es sich um die Dominanz der virtuellen Realität, die den Wirklichkeitssinn gefährdet. Dadurch wird davor gewarnt, dass die Menschen der Mediengesellschaft der endgültigen Entfremdung gegenüberstehen. Darüber wird unten im Vergleich mit dem Werk von Heinrich Böll nachgedacht.

6. Fragestellung über die Macht der Medien von Heinrich Böll

Etwa 30 Jahre vor diesem Text hat Heinrich Böll im Roman Die verlorene Ehre der Katharina Blum (im Folgenden: Katharina Blum) kritisch dargestellt, wie die Medien ein Individuum gewaltsam beeinflussen können, wenn sie bei der Berichterstattung die Tatsachen verfälschen, vertuschen oder Lügen erfinden. Katharina wurde von der Presse zu Unrecht als Mitglied einer terroristischen Mördergruppe bezeichnet, was sie schließlich zu einer Verbrecherin macht und ihr damit die soziale Ehre nimmt. Der Hintergrund dafür ist nicht nur die Tatsache, dass die Presse der Sensationslust der Masse entspechen will, sondern auch die Tatsache, dass die staatliche und gesellschaftliche Macht, wie die Polizei, die Kirche und das große Kapital, aus ihren jeweiligen Bedürfnissen mit der Presse kooperieren und sich an der Verleumdung von Katharina beteiligen. Böll kritisiert die Art und Weise der Medienberichterstattung sowie die „strukturelle Gewalt der in der Gesellschaft herrschenden Kräfte“, worauf auch Nordbruch, Sölle zitierend, hinweist.
10 Jahre nach der Veröffentlichung dieses Romans macht Heinrich Böll im Nachwort den Leser darauf aufmerksam, dass es nach wie vor Beispiele gebe, die die unveränderte Eigenschaft der ZEITUNG, die im Roman die Bild-Zeitung bedeutet, zeigen. Solche Beispiele würden den pamphletischen Charakter dieses Romans noch unbedingt gelten lassen. Er betont dabei die Wichtigkeit des Untertitels: „Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann“, und stellt fest:
Über die Gewalt von SCHLAGZEILEN ist noch zu wenig bekannt, und wohin die Gewalt von Schlagzeilen führen kann, darüber wissen wir nur wenig. Es wäre eine Aufgabe der Kriminologie, das einmal zu erforschen: was ZEITUNGEN anrichten können, in all ihrer bestialischen „Unschuld“.
Unter dem Wort „Unschuld“ wird nach Böll fast so etwas wie Ahnungslosigkeit der ZEITUNGEN und deren Berichterstatter, bei Erfüllung ihrer Pflicht, den Lesern Schlagzeilen und Sensation zu liefern, verstanden.
Wenn man berücksichtigt, dass er im obigen Zitat die Pluralform ZEITUNGEN benutzt, und dass er 10 Jahre nach der Diskussion um die sogenannte Baader-Meinhof-Gruppe (RAF) zwischen ihm und der Bild-Zeitung diese Frage erneut gestellt hat, ist das Thema allgemein zu verstehen. Heinrich Böll problematisiert nämlich nicht nur die Zukunft einer Person wie der Katharinas, die unter der Gewalt einer Zeitung gelitten hat, sondern auch die Zukunft der Gesellschaft, die es zulässt, dass die Medien willkürlich verfälschte Tatsachen als „Wahrheit“ verkaufen.

7. Die Rolle der Medien beim Entstehen der Bilder – Vergleich der beiden Werke

In diesem Abschnitt wird versucht, anhand des Vergleichs der beiden Werke zu analysieren, welche Rolle die Medien in der erzählten Welt beim Entstehen des jeweiligen Bildes der beiden Hauptprotagonisten (Katharinas und des Kameramörders) spielen.

7.1 Katharina Blum

Im Roman Katharina Blum spielen die Schlagzeilen der ZEITUNG eine entscheidende Rolle dabei, das Schicksal von Katharina zu verändern. Die Schlagzeile der Freitagsausgabe lautet: „RÄUBERLIEBCHEN KATHARINA BLUM VERWEIGERT AUSSAGE ÜBER HERRENBESUCHE“, und die der Samstagsausgabe lautet: „MÖRDERBRAUT IMMER NOCH VERSTOCKT! KEIN HINWEIS AUF GÖTTENS VERBLEIB! POLIZEI IN GROSSALARM“. Sie erzeugen die soziale Realität unter den Lesern, dass es sich um eine Frau handelt, die sich in eine sexuelle Affäre und ein mörderisches Verbrechen verwickelt hat und sich von der wirklichen Person Katharinas unterscheidet.
Hartmut Büscher, der anhand einer empirischen Untersuchung die Emotionalität der Schlagzeilen der real existierenden BILD-Zeitung feststellt, weist in Bezug auf die Funktion der Schlagzeile darauf hin, dass sie erstens dem Leser Anhaltspunkte gibt, Artikel auszuwählen. Zweitens habe sie die Funktion, die „Zeitung als Ware“ zu verpacken, um den Kaufanreiz zu heben, und drittens den Leser bei der Rezeption von weiteren Artikeln in eine bestimmte Richtung bezüglich der Bewertung, Interpretation, Einordnung u.a., zu verführen. Wenn man dies annimmt, werden Millionen von Lesern in der erzählten Welt von den obigen Schlagzeilen dazu geführt, die ZEITUNG zu kaufen, um dann an die vermittelten Tatsachen und die erzeugte Figur von Katharina zu glauben. Aus kommerzieller und ideologischer Absicht selektiert die Presse einige Tatsachen und fügt Wörter hinzu, die Sexualität, Verbrechen und radikale linke Gedanken assoziieren lassen.
Bemerkenswert dabei ist jedoch, dass Katharina ihren eigentlichen Charakter, nämlich „Treue und Stolz“ nicht verloren hat, während ihr ihre soziale Ehre genommen wurde. Im Gefängnis ist sie „keineswegs deprimiert“ und gilt als „vorbildliche Gefangene“. Sie hat auch „tatsächliche Pläne“ für ihre Zukunft mit ihrem Geliebten Götten. In der Erzählwelt dieses Romans wird der krasse Unterschied zwischen der realen und virtuellen Figur Katharinas angedeutet, vor allem wenn unter den Protagonisten darüber diskutiert wird, ob die Inhalte der Zeitungsartikel glaubhaft seien oder nicht. Die Protagonisten versuchen, die Wahrheit der Artikel zu prüfen. Wenn Katharina aufschreit: „… Alle Leute, die ich kenne, lesen die ZEITUNG!, versteht der Leser die Kritik an der Niederträchtigkeit der ZEITUNG.

7.2 Der Kameramörder

Andererseits spielen die Medien im Roman Der Kameramörder bei der Erzeugung der Täterfigur nur eine indirekte Rolle. Sie inszenieren das Ereignis, indem sie sich auf Sensationsmacherei und Tragik konzentrieren, ohne die Grausamkeit des Täters hervorzuheben. Als Grund dafür gilt die Tatsache, dass man über den Täter noch nicht Bescheid weiß. Die Protagonisten erhalten Informationen über das Ereignis hauptsächlich durch Teletexte und Sendungen des Fernsehens. Die Schlagzeilen des Teletextes am Samstag sind, wie wir in 3.1 gesehen haben, sprachlich ziemlich sachlich und bewerten den Täter nicht. Erst am Sonntag wird in einer Zeitung nur ein Mal die Grausamkeit des Täters mit dem Ausdruck „Kamerateufel“ betont.
Es ist trotzdem festzustellen, dass die Zuschauer bereits am Samstag eine bestimmte Vorstellung vom Täter bekommen. Die Protagonisten als Zuschauer bezeichnen den Täter mit Wörtern wie „Psychopathe“ (38), „Kameramörder“ (50) oder „Teufel“ (75). Die schablonenhaften Ausdrücke, die den Täter in eine willkürliche Kategorie einordnen, erscheinen zuerst auf der Seite der Zuschauer. Auf die Bildung dieser vorgestellten Figur vom Täter wirken vermutlich die folgenden Tatsachen ein. Erstens dass ein Psychologe und ein Theologe als Gastkommentatoren in die Sendungen eingeladen werden (23, 56), Zweitens dass die Äußerung der Freiheitlichen Partei über ein Volksbegehren zur Wiedereinführung der Todesstrafe im Teletext gezeigt wird, (30), und drittens dass das Mordvideo vom Täter selbst ausgestrahlt wird. So entsteht das ungewöhnliche, morbide und unmoralische Bild des Täters, obwohl die Medien es nur andeuten.
Die Zuschauer stellen sich das Bild des Täters vor, indem sie sich dabei auf die sozial konstruierte Realität berufen: Der Protagonist Heinrich erwähnt in den Gesprächen z. B. den amerikanischen morbiden mordsüchtigen Dahmer oder die Brutalität im europäischen Mittelalter. Er weist auch bezüglich der Phantombilder des Täters auf die Ähnlichkeit mit M. Jackson und O. Hardy hin. Dies besagt, dass die Zuschauer sich die soziale Realität in Erinnerung rufen, wenn sie eine neue Nachricht aufzuarbeiten versuchen. Die Tatsachen werden dabei nicht berücksichtigt. Natürlich wird vom wesentlichen Charakter des Täters nicht geredet. Die Zuschauer besitzen einen genügend großen Vorrat an Kenntnissen über die soziale Realität, so dass sie ihrerseits daraus eine spannende Geschichte fabrizieren und auch die entsprechenden Emotionen dazu evozieren können. Die Medien werden dabei von der Mühe darum und Schuld daran befreit, dass sie einseitige Informationen anfertigen und vermitteln. Durch die wenigen Anlässe entsteht leicht das erregende Bild eines mordsüchtigen Menschen unter den Zuschauern, das auf die gesellschaftliche Ebene im allgemeinen (z. B. die gesellschaftliche Sensation, Wiedereinführung der Todesstrafe u.a.) bzw. auf die emotionale Ebene im Einzelnen (z. B. Angst, Panik, Rachgier u.a.) einwirkt.

8. Der Kameramörder als eine pessimistische Zukunftsvision nach Katharina Blum

Auf Grund des Vergleichs der beiden Werke ist festzustellen, dass die Verantwortung der Medien im Kameramörder scheinbar geringer ist als in Katharina Blum, obwohl der gesellschaftliche Aufruhr gleich beschrieben wird. Die geringere Verantwortung der Medien bezieht sich darauf, dass das sozial konstruierte Bild des Kameramörders eine neue Zusammensetzung der alten schablonenhaften Bilder darstellt, während das Bild von Katharina Blum als Verfälschung der Tatsachen durch die Medien angesehen werden kann. Dabei spielen trotzdem die quantitative Vergrößerung und die weitgehende Verbreitung der sozialen Realität durch die Medien eine entscheidende Rolle.
Der Kameramörder kann als eine pessimistische Zukunftsvision nach Katharina Blum angesehen werden, wenn man annimmt, dass im zuerst genannten Roman eine fortgeschrittene Phase des Entwicklungsprozesses der Mediengesellschaft gezeigt wird. In diesem Sinne stellt dieser Roman m. E. eine mögliche Antwort auf die oben genannte Fragestellung von Heinrich Böll dar. Wenn Heinrich Böll die Gewalt der „Schlagzeilen“ kritisiert, ist seine Kritik hauptsächlich gegen die Unmoral der Medien gerichtet. Im Roman Der Kameramörder wird zwar auch von einer solchen veräußerlichten Gewalt der Medien geredet, die die Kinder und deren Familie in die Opferrolle zwingt. Wenn man berücksichtigt, wie das soziale Bild des Täters aus Mangel an Urteilskraft und wegen der stark vereinfachten Denkweise der Zuschauer entstand, bemerkt man aber, dass die Stellung der Medien heute noch fragwürdiger geworden ist; es geht nämlich um die Machtlosigkeit der wirklichen Realität vor der grotesk gewordenen sozialen Realität. Wenn der Ich-Erzähler seine Begierde durch Anwendung physischer Gewalt erfüllen will, kommt die verinnerlichte Gewalt der Medien auf tragische Weise ans Tageslicht. Darüber hinaus wird der Realitätssinn völlig riskiert, wenn der Ich-Erzähler auf Grund des sozialen Bildes handelt.
Es ist noch zu beachten, dass die durch die Medien konstruierte soziale Realität im kapitalistischen Prinzip wurzelt. In der heutigen Gesellschaft bekommen alle Ereignisse, Bedürfnisse und Gedanken ihren Stellenwert als Ware in einer virtuellen Welt. Dies könnte die Denkweise der Menschen stark beeinflussen. Der französiche Soziologe Baudrillard stimmt in diesem Sinne der bekannten Formel von Mcluhan „Medien sind Message“ zu. Er weist darauf hin, dass die Menschen heute alltäglich von den Medien die Denkweise vermittelt bekommen, alle Phänomene als Spektakel aufzufassen, wenn einerseits die ideale Utopie in der Reklame und andererseits die ernstzunehmenden Ereignisse in den Nachrichten abwechselnd gezeigt werden. Im Prozess des Austausches der großen Menge der codierten Größen sehe der Mensch dann als Selbstbild nur die Ansammlung des Images im Spiegel und leide langsam unter dem Verlust seines eigenen Bildes.
Die modernen Menschen leben also in einer Welt, wo zwei widersprüchliche Weltanschauungen pararell bestehen: Einerseits werden in der virtuellen Welt alle Erscheinungen nach dem polaren Wertesystem entweder ins Traumhafte oder ins Erschreckende eingeordnet. Andererseits wird unser Alltagsleben banal und verblasst, soweit ihm keinerei Bedeutung zugeschrieben wird. Die in der Reklame vorgestellten utopischen Bilder drängen die Menschen zu einem hohen sozialen Status mit Reichtum und Erfolg, obwohl dieser manchmal einen Menschen wie z. B. Katharina gewaltsam wieder genommen wird. Wie die hohle Identität des Ich-Erzählers im Roman Der Kameramörder andeutet, sind die vorgestellten Bilder jedoch eine Illusion. Dem Menschen, dem es misslingt, mit dieser Illusion einer schönen neuen Welt umzugehen, bleibt nur der Weg, sich einer anderen Illusion anzupassen, auch wenn sie das negative Bild eines hassenswerten Mörders darstellt. Angesichts dieses Teufelskreises verirrt sich der Leser dieses Romans in die Paradoxie, dass ungewöhnliche Ereignisse wie Mord, Sensation und Panik in der heutigen Gesellschaft als Ware verdinglicht, codiert und schließlich zum alltäglich Normalen werden können, wie es der sachliche Stil des Ich-Erzählers veranschaulicht. Erst das außerordentliche Verbrechen des Kameramörders gibt uns die Chance, die verinnerlichte Gewalt der Medien, die man im Alltag übersieht, wahrzunehmen. Gerade deswegen kommt die Befürchtung auf, dass man angesichts der allgegenwärtigen sozialen Realität unsere wirkliche Realität auf keinen Fall wieder gewinnen kann.

9. Schlussbemerkung

Angesichts der Jugendkriminalität wird heftig darüber diskutiert, ob man den Inhalt von Fernsehprogrammen, Filmen oder Videogames kontrollieren sollte, um eine mögliche Verwechslung von virtueller und realer Welt auszuschließen. Wie dieser Roman andeutet, ist es jedoch fragwürdig, ob die Regulierung der Medien noch als wirkungsvolle Maßnahme gelten kann. Denn man geht davon aus, dass man die Welt noch sauber in eine virtuelle und eine reale einteilen könne. Diese Voraussetzung besteht in der heutigen Gesellschaft aber nicht mehr. Die einzige Hoffnung, dass es auch in diesem Roman um eine fiktive virtuelle Geschichte geht, erscheint also vergebens.

Glavinic, Thomas: Der Kameramörder. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2006. Im folgenden wird für die Zitate aus diesem Werk die Seitenzahl in Klammern angegeben.

Vor der Kamera verhalten sich die Menschen nicht wie sonst. Die Existenz der Kamera macht nämlich das soziale Phänomen als Resultat kollektiver Menschenhandlungen zum besonderen Event. Vgl. Hirose, Hidehiko: In: Nakano, Osamu / Zenjiro Hayakawa (Hrsg.): Die Medien erzeugen Ereignisse. Yuhikaku-Sensho, 1981. S. 70 (中野収・早川善治郎編『マスコミが事件をつくる』有斐閣選書) In diesem Sinne zeigt die Angst von Sonja vor der Filmaufnahme des Täters , dass sie gegen ein erzwungenes Verhalten beim Event, das jemand anderer zu einem bestimmten Zweck veranstaltet hat, Abneigung empfindet.

Unter dem Wort „Medien-Event“ versteht man ein Event, das unter der Voraussetzung veranstaltet wird, dass die Medien darüber berichten, damit dann eine soziale Realität unter den Menschen erzeugt wird. Ikeda, Kenichi: Psychologie des sozialen Images. Wie bildet sich unsere Realität?. Science Verlag, 1998. S. 98. (池田謙一:『社会のイメージの心理学 ―ぼくらのリアリティはどう形成されるか― サイエンス社』
Boorstin verwendet den Begriff „pseudo-event“. Vgl. Boorstin, Daniel J.: The Image; or, What Happened to the American Dream. Sogenshinsha, 1964. (ブーアスティン, ダニエル・J《星野郁美・後藤和彦訳》:『幻影の時代』創元新社)

Wie Chomsky kritisiert, standen die Medien vor und während des Golf- Kriegs in den Vereinigten Staaten von Amerika unter der konsequenten Kontrolle durch die Regierung, um die demokratische Opposition gegen Saddam Hussein, die ohne Krieg die parlamentarische Demokratie im Irak verwirklichen wollte, auszuschließen. (Chomsky, Noam: Media Control. Shueisha-Shinsho, 2003. S. 56-72.(チョムスキー, ノーム『メディア・コントロール』集英社新書)Dies ist als Beispiel anzusehen, dass eine soziale Realität durch zensierte Informationen erzeugt wird, um den Krieg zu rechtfertigen.

Anhand des Beispiels von dem tragischen Unfall des amerikanischen Raumschiffs „Challenger“ versucht Ikeda dies zu erklären. Der starke Kollektivgedanke der NASA, den Termin des Abschießens nicht mehr verschieben zu können, führte dazu, den Riss im Raumschiffrumpf zu unterschätzen. (Ikeda: a.a.O., S. 84-86)

Nordbruch, Claus H. R.: Heinrich Böll: seine Staats- und Gesellschaftskritik im Prosawerk der sechziger und siebziger Jahre; eine kritische Auseinandersetzung. Frankfurt (Main): R. G. Fischer Verlag, 1994, S. 141. / Sölle, Dorothee: Heinrich Böll und die Eskalation der Gewalt. In: Merkur Nr. 9, 1974, S. 885-887.
Böll, Heinrich: Die verlorene Ehre der Katharina Blum. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2009, S. 144.
Ebd. S. 143-144.
Ebd. S. 36
Ebd. S. 39
Büscher, Hartmut: Emotionalität in Schlagzeilen der Boulevardpresse. Frankfurt am Main: Peter Lang, 1996. S. 6-8.

Claus H. R. Nordbruch versucht in seinem Werk über Böll, die Authentizität der ZEITUNG mit der wirklichen Bild-Zeitung anhand des Vergleichs der sprachlichen Strategien zu verifizieren. Dort wird angegeben, dass die Bild-Zeitung im Jahr 1966 neun Millionen Leser hatte. (Nordbruch: a.a. O., S. 141)
Böll: a.a.O., S. 142
Ebd. S. 126.
Ebd. S. 127.
Ebd. S. 161.
Baudrillard, Jean: La Societe de Consommation. Kinokuniya-Shoten, 1980. S. 173-179. (ボードリヤール,ジャン『消費社会の神話と構造』紀伊国屋書店)
Ebd. S. 302-303.

Der Vortragstext zum Herunterladen im Word-Format.

Thomas Glavinic
Foto: Marco Flammang
Freitag, 13. November 2009
18:00Eröffnung und Abendessen
20:00Einführung in das Werk Thomas Glavinics Walter Vogl
21:00Lesung Thomas Glavinic
Samstag, 14. November 2009
09:30Apokalypse goes Horror – Thomas Glavinics Endzeiten Elmar Lenhart
10:15Die Medienproblematik im Roman Der Kameramörder Motoko Yajin
11:00Lesung Thomas Glavinic
11:30Die Motive der Gewalt und Schrift in Die Arbeit der Nacht und Carl Haffners Liebe zum Unentschieden Erich Meuthen
12:15Mittagessen
15:00 Interview und Werkstattgespräch
18:00Abendessen
20:00Passiv mit Leidenschaft - Carl Haffners Liebe zum Unentschieden und Wie man leben soll Tomoko Somiya
21:00Ausschnitte aus dem Hörspiel „Der Kameramörder“ und ein Videointerview zur Verfilmung des “Kameramörder” mit Regisseur Robert Adrian Pejo
Sonntag, 15. November 2009
09:30Die junge Österreichische (Pop)Literatur Shinichi Suzuki
10:30Buchvorstellung: Das bin doch ich Andrea Yokura
11:30Lesung Thomas Glavinic
12:00Schlussdiskussion, Seminarende